Crimes of the Future (Kanada, Griechenland, Frankreich/2022)
In einer nicht näher bezeichneten Zukunft hat die Evolution des Menschen den nächsten Schritt vollzogen, bspw. gehören körperliche Schmerzen und Infektionen nunmehr der Vergangenheit an. Saul Tenser bildet zusammen mit Caprice ein Performance-Künstlerduo - vor Publikum lässt er sich von ihr, einer ehemaligen Chirurgin, neu heranwachsende Organe entfernen und diese anschließend ausstellen... "Crimes of the Future" beweist trotz kleinerer handwerklicher Schwächen und dem offensichtlich nicht für ein ganz großes Budget umgesetzten Konzept, dass ein Regisseur auch im Alter von knapp 80 Jahren immer noch gute Arbeit abliefern kann. Soviel Body-Horror hat man seit über 20 Jahren nicht mehr in einem David Cronenberg-Film gesehen. Dank der interessanten Grundkonstellation, gepaart mit einigen denkwürdigen Momenten sowie einer guten Performance von Hauptdarsteller Viggo Mortensen, handelt es sich um den besten Eintrag in Cronenbergs Filmographie seit dem großartigen "A History of Violence".
Bei "Premutos" handelt es sich um eine semiprofessionell inszenierte Mischung aus Okkult-Horror und Fun-Splatter. Eine Zutat des Films beinhaltet den Humoranteil, der debil und manchmal arg albern, aber durchaus mit einer goutierbaren Portion Unterhaltungswert daherkommt. Dessen meist blasse Dialoge erhalten im gesamten Film kaum mal eine ausbalancierte Betonung, es sei denn, man will den ab und an aufblitzenden bayerischen Dialekt gelten lassen. Das Aushängeschild Ittenbachs sind nun einmal nicht schauspielerische oder dramaturgische Höhenflüge, sondern Goreszenen. Und diese können quantitativ und in ihrer Härte selbst für Genreverhältnisse ohne weiteres als extrem bezeichnet werden. In der Gesamtschau ist der seit 2005 indizierte "Premutos" ein trotz seiner Mängel ordentlich gelungener Film, der dem unmittelbaren Vergleich mit der höher budgetierten Konkurrenz schon ansatzweise standhält, was bei einem "Amateurfilm" mit derart hohem Härtegrad schon ein erstaunliches und respektables Ergebnis ist.
Die Vermieter von "Das Haus der 1.000 Leichen" sind engagiert dabei, wenn es darum geht, coole Sprüche zu klopfen und Gewalt anzuwenden. Nicht selten geht es dabei sadistisch zu, indem Folter, sexuelle Erniedrigung und andere Formen von Demütigungen mit einem hemmungslosen Verhöhnen der Opfer einhergehen. Spritzige Goreeffekte sind dabei die Ausnahme, denn einmal mehr steht vorneweg Tobe Hoopers "The Texas Chainsaw Massacre" Pate für den Horroranteil. Dieser Stempel bleibt "The Devil's Rejects" aufgedrückt, nur verblasst dessen Abdruck angesichts der geradezu penetrant an diverse Vorbilder angelehnten Lässigkeit, die sich mit dem asozialen Grundton mehr schlecht als recht verträgt. Die Dialoge, ganz besonders in dem Motelzimmer, biedern sich an "From Dusk Till Dawn" an, das Spiegelgespräch des schnauzbärtigen Doch-Nicht-Gesetzeshüters wiederum an "Taxi Driver" und das Finale an "Bonnie & Clyde". Das soll keineswegs bedeuten, dass die schlagfertige Rotzigkeit keinen Spaß bereiten würde.
Mit Giftmüll verfeinerter Schwarzgebrannter verwandelt Hinterwäldler in Zombies, die eine campende Studentengruppe dezimieren... Es stimmt schon: entweder man liebt oder man hasst diesen Film. Dies gilt ja für so ziemlich alle Troma-Streifen. Manchmal gewinnt der Klamauk die Oberhand, aber "Redneck Zombies" hat diesen gewissen 80er-Charme und ist selbstironisch angelegt. Schnitt und Kamera sind amateurhaft und die Darstellerriege besteht aus Laien. Der Score ist grausig, der Soundtrack mit Country-Songs aber passend und gut zusammengestellt. Die Effekte sind billig und extrem blutig, deswegen auch die Beschlagnahme nach § 131 StGb. Es ist alles dabei, was der Gorebauer mag: Ausweidungen, Skalpierungen, Enthauptungen und andere Zerstückelungen, Augen ausschlürfen, Köpfe mit Messer und Löffel penetrieren. Am besten in einer angeheiterten Runde gleichgesinnter Nerds, in der man sich während der Spielzeit auch noch laut unterhält und nur ab und an mal auf den Inhalt achtet, zu ertragen.
Die Story ist vom Muster her simpel strukturiert und passt auf einen Fetzen Papier. Feiertage sind ein genretypisches Motiv gewesen das den Handlungsverlauf ein Stück interessanter machte. Wer mehr als einen Slasher gesehen hat weiß, dass die Geschichte nicht der wichtigste Aspekt ist und hauptsächlich dazu dient, die Motivationsgründe für den Killer zu erklären und die Handlung voranzutreiben bis es zum nächsten Mordszenario geht. „My Bloody Valentine“ gehört neben „The Burning (1981)“, „The Prowler (1981)“ um nur einige Paradebeispiele zu nennen zu den besten ihrer Art. Die Zeichnung der Charaktere befindet sich im überdurchschnittlichen Rahmen. Die Morde eines der wichtigsten Komponente sind innovativ und stets deftig serviert. Im Großen und Ganzen gibt es nicht viel zu kritisieren. Ein kleines bisschen weniger Leerlauf hätte dieses gelungene Werk noch runder gemacht. Aufgrund des extrem unterhaltsamen Gesamtbildes handelt es sich um Meckern auf hohem Niveau und fällt der finalen Wertung kaum ins Gewicht.
Walerian Borowczyk gilt bei vielen als pornografischer Filmemacher. Ihn trotz der durchaus expliziten sexuellen Darstellungen darauf zu reduzieren, würde ihm und seinem Film Unmoralische Novizinnen aber kaum gerecht werden. Inmitten diverser Schmuddeleien kokettiert er immer wieder mit Mitteln der Satire, wenn die selbstgerechte moralische Autorität der Kirche infrage gestellt wird. Borowczyk ist sich keineswegs für explizite Darstellungen von Nacktheit und Sex zu schade – wenngleich Unmoralische Novizinnen in der Hinsicht bei weitem keine Genrestandards sprengt – seine Inszenierung ist jedoch stets dermaßen stilvoll, dass jene Abbildung beinahe etwas Erhabenes innehaben – ein blasphemischer Gedanke, der die zwischen den Zeilen subversive Art des Films noch unterstreicht.
Die Bronx. Ein Stadtbezirk der US-amerikanischen Metropole New York City mit einer bis heute erschreckend hohen Arbeitslosenquote. Eine multikulturelle Gesellschaft, deren Einwohner fast zur Hälfte außerhalb der Vereinigten Staaten geboren wurden. Wodurch eine ethnische und soziale Polarisierung besteht, die wiederkehrend Probleme mit sich bringt. In den 1960er Jahren bis hinein in die 1980er Jahre war die Bronx weltweit als sozialer Brennpunkt mit enorm hoher Kriminalitätsrate berühmt-berüchtigt. Der Film hat eine fast märchenhafte Erzählstruktur. Dieser hervorragend inszenierte und gespielte Film besticht dank einer klugen Wahrhaftigkeit, die brenzlige gesellschaftliche Strukturen aufzeigt. Anhand des noch formbaren Wesens des jungen Protagonisten wird fast die komplette Gefühlswelt angesprochen. Nur wenige Filme sind so gefühlvoll und intelligent, daher schön wie traurig. Viel Potenzial, um fast zwei Stunden wie gebannt vor dem Fernseher zu sitzen. Regie: Robert De Niro
Immer wieder erscheint es Kunstschaffenden sinnvoll, fertige Antworten zu präsentieren auf Fragen des Lebens und der Gegenwart, doch einer der letzten Regisseure, für den Spiritualität sich nicht in schönen, aber letztlich sinnleeren Bildkonstruktionen erschöpfte, war wohl Krzysztof Kieślowski. In Die zwei Leben der Veronika, widmet er sich der Frage der Verbundenheit von Menschen, dem Konzept des Mitleidens sowie jenen Momenten der Erhabenheit in der Welt, wenn wir selbst eine Verbindung spüren, die weit über unsere Existenz hinausgeht. Trotz allem ist es kein fröhlicher Film, denn aus der Natur der Flüchtigkeit jener intensiven Momente ergibt sich eine Tragik. All diese Themen finden sich nicht nur in den Bildkompositionen, sondern auch in der vielschichtigen Farbsymbolik wieder, deren Analyse wohl ein ganzes Buch füllen könnte. Besonders eine weitere Sichtung, die sich schon alleine wegen der formalen Schönheit lohnt, wird sich für den interessierten Zuschauer als ein sehr bereicherndes Erlebnis erweisen.
Amerika steht vor einer Identitätskrise, Bankenkrise / Immobilienkrise. Der Film „Killing Them Softly“ von Andrew Dominik (Copper), von dem zusätzlich das Drehbuch ist, seziert geradezu gnadenlos diesen Umstand. Jeder schlägt sich alleine durch. Amerika ist kein Land, sondern nur ein Geschäft. Die Menschen darin gehen vor die Hunde und der ganze Scheiß bedeutet schon lange nichts mehr. Und so treffen verschiedene Akteure aus einem kleinen, recht überschaubaren kriminellen Sumpf aufeinander. Keiner kann dabei aus der ihm zugedachten Rolle ausbrechen und nimmt es am Ende mit beißendem Sarkasmus. Die Inszenierung ist dabei ein Gedicht. Reine Poesie. Mal ganz langsam und gemütlich, dann fulminant in Szene gesetzt. Der amerikanischen Wahlkampf, wo die Wähler mit Versprechen an den amerikanischen Traum positiv eingestimmt werden sollen, wirkt nur noch surrealer. Bis nichts mehr bleibt, außer der Gewissheit, dass wir alle am Arsch sind. Der Film ist mit solch einer Botschaft selbstverständlich gefloppt.
Was passiert, wenn das Schicksal genau dann zuschlägt, wenn man sich gerade dazu entschlossen hat, im Leben 'Nägel mit Köpfen' zu machen? OPEN HEARTS erzählt die Geschichte von vier Menschen, die plötzlich und unvorbereitet auf die Zerbrechlichkeit des Lebens und die Macht der Liebe treffen. Ein Film über die Versprechen, die wir nicht halten können und über das Leben, das sich nicht planen lässt. Regisseurin Susanne Bier feierte 1999 mit ihrem Erstling 'The one and only' einen grossen Kinoerfolg, und auch OPEN HEARTS bricht in Dänemark alle Rekorde. Still und leise ist Susanne Bier so zur mittlerweile erfolgreichsten dänischen Filmemacherin geworden. Mit einem ausgesprochenen Gespür für Atmosphäre und die leise Komik hinter der Tragik führt die Regisseurin auch mit diesem Film (Danish Dogme #9) durch ein Wechselbad der Gefühle. Aus heutiger Sicht bemerkenswerter ist indes die Erzählweise, die sehr viel Nähe zu den Figuren ermöglicht, ohne Identifikation einzufordern. Ein tolles Drama.