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1 Aug 2023 00:00:54 UTC
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Mein Freund Nikolai wandte sich an mich mit einem Problem. Seine Schwester hat sich scheiden lassen und war nun allein mit zwei Kindern. Nikolai gefiel nicht, wie sie ihre Kinder erzog, und die Moralpredigten, die er ihr bereits seit einem Jahr hielt, halfen nicht.
Einmal habe ich eine zeitlang bei ihnen gewohnt. Zu dieser Zeit kam Nikolais Schwester zu Besuch. Morgens ging ich mit ihren Kindern laufen und erzählte ihnen, wie das Leben funktioniert. Wir gossen zusammen den Gemüsegarten, gingen angeln und saßen am Feuer. Es gelang mir, sowohl mit der Schwester als auch mit meinem Freund unter vier Augen zu sprechen. Nach diesen Gesprächen zeichnete sich das Gesamtbild klarer ab.
Nach meiner Reise gab ich meinem Freund den folgenden Rat. Ich holte weit aus und sagte ihm, dass wenn er seiner Schwester Moralpredigten hielte, diese ein starkes Argument vorbrachte: „Erziehe du erstmal eigene Kinder, dann sprechen wir nochmal“. Der springende Punkt ist folgender: Die Schwester hatte eine schwere Last zu schultern – die Verantwortung für ihre Kinder. Mein Freund hat grundsätzlich richtige Dinge vorgebracht und die Wahrheit war auf seiner Seite. Jedoch bedeutete für die Schwester die Annahme dieser Wahrheit, noch mehr Verantwortung auf sich zu nehmen. Sie hätte nicht nur Verantwortung für die Kinder, sondern auch für die notwendigen Änderungen in der Lebensweise übernehmen müssen. Der Satz „Erziehe du erstmal eigene Kinder“ war möglicherweise einerseits ein Ausdruck von gewissem Stolz und der Funktionsweise des „Immerhin bin ich die Mutter“-Programms; aber es könnte sich auch um einen gewissen Test der Schwester gehandelt haben, ob mein Freund bereit ist, wenigstens einen Teil der Verantwortung zu übernehmen. Entweder war er selbst nicht bereit dazu oder die Schwester hat seine Bereitschaft nicht gesehen, weshalb keinerlei Beteuerungen etwas bewirkten.
Hier erinnerte ich mich an die Geschichte eines meiner anderen Freunde – Dimitrij –, dem eine ähnliche Geschichte widerfahren ist, allerdings mit seiner Mutter und Großmutter. Seine Mutter nahm seine Großmutter bei sich zu Hause auf, als diese schon fast 90 Jahre alt war. Der Großmutter ging es mit der Mutter (ihrer Tochter) viel besser als allein. Allerdings gefiel Dimitrij nicht, wie sich die Mutter um die Großmutter kümmerte – er sah, wie sich die Gesundheit der Großmutter von Tag zu Tag verschlechterte. Hinzu kam, dass die Großmutter eine altersbedingte Demenz entwickelte. Und bei einem erneuten klärenden Gespräch sagte seine Mutter zu ihm: „Warum nimmst du die Großmutter nicht mit zu dir?“ Er konnte sie nicht bei sich aufnehmen, seine Mutter war Rentnerin und somit war es für sie wesentlich einfacher, die Großmutter bei sich zu haben. Allerdings ging er damals folgendermaßen vor: Als seine Eltern einmal auf eine Kreuzfahrt fuhren, verschob er sämtliche Termine und nahm seine Großmutter für 2 Wochen bei sich auf. Er pflegte sie nach seiner eigenen Methodik. Sie fasteten zusammen, manchmal mehrere Tage. Sie ernährten sich ausschließlich von entschlackenden und gesunden Nahrungsmitteln. Sie machten zusammen Sportübungen. Er lernte sie, Geld zu zählen. Leider verfügte sie über wenig bis gar keine Bildung und da sie seit vielen Jahren nicht mehr mit Geld in Berührung gekommen war, hatte sie viele Dinge vergessen.
Als Dimitrijs Eltern zurückkehrten, war er mit seinem Ergebnis nicht ganz zufrieden. Jedoch bemerkte sein Vater, dass die Großmutter sehr gut aussah. Bei der Mutter hinterließen die Worte des Vaters einen tiefen Eindruck. Ab diesem Zeitpunkt hörte sie auf Dimitrij. Darüber hinaus nahm ihr seine Methode Arbeit ab. Sie fingen an, mit der Großmutter wöchentlich ein paar Tage zu fasten und an diesen Tagen musste sie kein Essen vorbereiten. Das Essen bestand zunehmend mehr aus frischem Gemüse, das man lediglich schneiden oder reiben musste, wofür Dimitri seiner Mutter ein zusätzliches Gerät kaufte, das ihr die Arbeit erheblich erleichterte. Und selbst das Üben einfacher mathematischer Dinge wirkte sich positiv auf die geistige Verfassung der Großmutter aus.
Das Beispiel von Dimitrij zeigte, dass seine Mutter, als sie zu ihm sagte „Nimm doch die Großmutter zu dir“ eigentlich überprüfen wollte, inwieweit Dimitrij bereit ist, ihre Last der Verantwortung zu teilen. Er hat am eigenen Beispiel gezeigt, dass er zumindest teilweise diese Last tragen kann und demonstrierte das Funktionieren seiner Methoden in der Praxis. Die Veränderungen erforderten dabei sogar weniger Anstrengungen im Alltag, verglichen mit den Maßnahmen, die die Mutter zuvor unternahm. Nachdem jemand mit gutem Beispiel vorangegangen ist und gezeigt hat, dass man mit geringem Aufwand ein Ergebnis erzielen kann, wird es um Einiges leichter eine neue Lebensweise anzunehmen.
Ich persönlich machte damals meine Freunde Dimitrij und Nikolai miteinander bekannt. Sie hatten sich was zu erzählen. Dimitrij riet Nikolai dazu, die vollständige Verantwortung für ihre Kinder...
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